Fast jeder von uns hat schon einmal, nach einer Blutuntersuchung, in den letzten Jahren die Nachricht erhalten: zu wenig Vitamin D.
Doch was bedeutet das eigentlich, wozu brauchen wir Vitamin D und warum sind wir nicht ausreichend damit versorgt?
Was ist Vitamin D?
Vitamin D (Calciferole) weist unter den Vitaminen eine Sonderstellung auf. Einerseits wird es als Vitamin bezeichnet, da es durch die Nahrung zugeführt werden kann (fettlösliches Vitamin), andererseits ist der Körper auch in der Lage, mittels Sonneneinstrahlung (UVB) selbst Vitamin D zu produzieren. Aus diesem Grund wird es auch als hormonähnlich eingestuft und als Prohormon bezeichnet. Die beiden wichtigsten Vertreter sind pflanzliches Vitamin D2 (Ergocalciferol) & tierisches Vitamin D3 (Cholecalciferol).
Wozu braucht man eigentlich Vitamin D?
Die Hauptfunktion von Vitamin D liegt in seiner Unterstützung des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels, daher ist es besonders für die Knochengesundheit, also den Knochenauf- und –umbau, aber auch die Zahngesundheit, relevant. Ohne die unterstützende Wirkung von Vitamin D kann Kalzium im Körper nicht aufgenommen werden.
Zusätzlich spielt es eine wichtige Rolle im Immunsystem und für die Insulinausschüttung. Ihm werden u.a. auch mögliche krebshemmende Wirkungen, Nutzen bei Psoriasis, Hypertonie, entzündlichen Erkrankungen etc. zugeschrieben.
Nehmen wir ausreichend Vitamin D zu uns?
Aus dem letzten österreichischen Ernährungsbericht (2017) geht hervor, dass Herr und Frau Österreicher bei Weitem nicht so viel Vitamin D aufnehmen, wie es die offiziellen Richtlinien (DACH) empfehlen. Diese geben als Richtwert eine Zufuhr von 20 μg (Microgramm) pro Tag für Erwachsene an. Dieser Wert bezieht sich auf die Aufnahme durch die Ernährung, ohne Eigenbildung durch die Sonne. In der Regel werden zwischen 2,3 - 2,8 μg/Tag (Frauen) bzw. 2,5 - 3,1 μg/Tag (Männer) über die Ernährung aufgenommen. Ältere Menschen zählen zu den Risikogruppen bezüglich der Vitamin D-Versorgung, da sie sich meist weniger im Freien aufhalten, aber möglicherweise auch die Vitamin D-Bildung über die Haut mit zunehmendem Alter abnimmt. Auch Kinder können unzureichend mit Vitamin D versorgt sein.
Was können die Folgen einer unzureichenden Vitamin D-Aufnahme sein?
Klassische Symptome einer leichten Unterversorgung mit Vitamin D können sehr unspezifisch sein, wie beispielsweise Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Infektanfälligkeit, langsame Wundheilung oder depressive Verstimmung. Eine Blutabnahme kann genauere Auskünfte über den eigenen Versorgungszustand geben. Bei schwerem Vitamin D-Mangel, v.a. über längere Zeit oder in der Knochenwachstumsphase der Kindheit und des jungen Erwachsenenalters, zeigen sich Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel, wie Osteomalazie (Knochenerweichung) oder Osteoporose (Knochenschwund). Da Vitamin D wesentlich an der Kalziumaufnahme beteiligt ist, ist diese bei zu geringer Vitamin D-Zufuhr beeinträchtigt. Auch Störungen des Nervensystems durch Hypokalzämie können auftreten. Möglicherweise besteht auch ein Zusammenhang zur Förderung diverser Krebsarten, Hypertonie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Depressionen etc.
Der ausreichenden Vitamin D-Versorgung im Kindesalter sollte eine hohe Bedeutung zukommen, da es sich um die ersten Phasen des Knochenwachstums und deren Stabilität handelt. Bei einer Unterversorgung kann es zu Rachitis kommen, einer Skelett-Wachstumsstörung, die zur Verformung der Knochen führen kann. Aus diesem Grund wird beispielsweise Säuglingen vorsorglich Vitamin D zugeführt.
Welche Nahrungsmittel enthalten Vitamin D?
Nahrungsmittel enthalten grundsätzlich keine großen Mengen an Vitamin D und sind daher eine eher vernachlässigbare Quelle, als Beispiele können aber folgende Lebensmittel zur Vitamin D-Versorgung beitragen (Auswahl):
Vitamin D-Aufnahme über die Sonne?
80-90% der Vitamin-D-Versorgung wird der körpereigenen Bildung zugeschrieben, bei einer UVB-Strahlung von 290-315nm Wellenlänge, welche in Deutschland und Österreich nur in etwa von März bis Oktober auf die Erde treffen.
In den Monaten mit ausreichender Sonneneinstrahlung, kann meist mit kurzem Aufenthalt in der Sonne der Körper mit ausreichend Vitamin D versorgt werden. Sonnenschutzmittel hemmen die Bildung von Vitamin D, hier gilt: je höher der Schutzfaktor, desto weniger Chance auf Vitamin D-Bildung. Auch das Tragen von Kleidung unterbindet die Bildung, das Auftreffen der Sonnenstrahlen auf die nackte Haut ist ausschlaggebend. Wer eine sehr helle Haut hat und sich nun fragt, wie man dann auf diese Art und Weise eine ausreichende Zeit in der Sonne bewerkstelligen kann, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen, der sei beruhigt. Die Natur hat sich hier etwas Tolles ausgedacht: Menschen mit heller Hautfarbe benötigen geringere Zeit in der Sonne, um ausreichend Vitamin D zu bilden, als jene mit dunklerer Hautfarbe.
Wer seinen eigenen Hauttyp kennt, kann sehr leicht abschätzen, wie viel Zeit in der Sonne für die Vitamin D-Bildung vonnöten ist.
Welcher Hauttyp bin ich?
(Hauttypen nach Fitzpatrick)
Typ I „Keltischer Typ“
sehr helle Hautfarbe, rotes/hellblondes Haar, blaue Augen, keine Bräunung, Sommersprossen, hohe Sonnenbrandgefahr
Typ II „Nordischer Typ“
helle Hautfarbe, blonde/hellbraune Haare, blaue/graue/grüne Augen, Sommersprossen, langsame und nur leichte Bräunung, häufig Sonnenbrand
Typ III „Mischtyp“
mittlere Hautfarbe, dunkel-/hellbraunes/blondes/schwarzes Haar, braune/grüne/graue Augen, kaum Sommersprossen, langsame aber stetige Bräunung, manchmal Sonnenbrand
Typ IV „Mediterraner Typ“
bräunliche/olivfarbene Haut, braune Augen, braunes/schwarzes Haar, keine Sommersprossen, schnelle Bräunung, selten Sonnenbrand
Typ V „Dunkler Hauttyp“
dunkle haut, dunkle Augen, schwarzes Haar, keine Sommersprossen, schnelle Bräunung, kaum Sonnenbrand
Typ VI „Schwarzer Hauttyp“
dunkelbraune bis schwarze Haut, schwarze Augen, schwarzes Haar, keine Sommersprossen, praktisch nie Sonnenbrand
Aufenthaltsdauer in der Sonne (in Minuten) nach Hauttyp, Jahres- und Tageszeit (zur Bildung von 25μg Vitamin D)
Vitamin D-Kontrolle: was sagen die Blutwerte aus?
Seitdem Vitamin D meist routinemäßig bei Blutabnahmen kontrolliert wird, wurde das Ausmaß der Unterversorgung deutlicher sichtbar. Folgende Blutwerte können einen Richtwert für die Vitamin D-Versorgung angeben:
Plasmalevel von Vitamin D (25(OH)D) (IOM-Klassifizierung)
≥ 50 nmol/L = ausreichend
30 < 50 nmol/L = suboptimal
< 30 nmol/L = Vitamin D-Mangel
Es wird empfohlen, den Vitamin D-Status 1x nach dem Sommer und 1x nach dem Winter bestimmen zu lassen, um abschätzen zu können, in wiefern die Sonne, und somit die Eigensynthese, für die Vitamin D-Versorgung eine Rolle spielen.
Zu wenig Vitamin D - was nun?
Ja nach Status der Blutwerte, sollte mit einem Arzt/einer Ärztin über die Möglichen Ursachen einer Vitamin D-Unterversorgung gesprochen werden. Bei suboptimaler Zufuhr kann durch gut ausgewählte Lebensmittel und, entsprechend geplanten, regelmäßigen Aufenthalt im Freien (s.o.) die Vitamin D-Aufnahme verbessert werden.
Wenn bereits eine Unterversorgung oder gar ein Vitamin D-Mangel vorliegt, empfiehlt es sich, diesen zunächst durch Supplemente (Kapseln, Tropfen etc.) auszugleichen. Besonders im Winter kann eine zusätzliche Zufuhr von Vitamin D unterstützend wirken, da die Sonnenstunden und die UVB-Strahlung wesentlich geringer sind als in den Sommermonaten.
Welche Supplemente gibt es und was muss ich beachten?
Wie eingangs erwähnt, gibt es 2 Formen von Vitamin D, die für die menschliche Zufuhr relevant sind:
- pflanzliches Vitamin D2 (Ergocalciferol)
- tierisches Vitamin D3 (Cholecalciferol)
auch zusätzlich pflanzliches Vitamin D3 aus Flechten
Die gängigsten Supplemente sind Tropfen von Oleovit, diese werden oft von Ärztinnen und Ärzten bei Vitamin D-Mangel verschrieben. Sie enthalten tierisches Vitamin D3 aus Wollfett.
Wer auf tierische Produkte verzichten möchte, kann auf jene auf pflanzlicher Basis zurückgreifen. Diese enthalten entweder Vitamin D2 oder pflanzliches Vitamin D3, welches aus Flechten gewonnen wird. Das Angebot an Produkten ist sehr groß, je nach Bedarf oder bevorzugter Darreichungsform kann ein beliebiges Produkt gewählt werden.
Die angegebene empfohlene Dosierung des Produktes ist in jedem Fall einzuhalten! Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin, was bedeutet, dass es im Körper gespeichert werden kann. Bei einer extrem hohen Zufuhr (die aber nur durch Supplemente erreicht werden kann), kann es im Körper angereichert werden (Fettgewebe, Skelettmuskulatur), denn es wird nicht einfach ausgeschieden, wie dies bei wasserlöslichen Vitaminen der Fall ist. Bei einer exzessiven Aufnahme kann es zu toxischen Wirkungen, sowie einer vermehrten Kalzium-Ausscheidung (Nierensteine, Nierenverkalkung) kommen.
Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) hat als obere Zufuhrgrenze 100μg/d für Erwachsene festgelegt.
Wer sich an die angegebenen Dosierungen hält, braucht jedoch keine Bedenken zu haben. Eine zu hohe Zufuhr durch Nahrungsmittel oder vermehrte Bildung durch die Sonne ist nicht möglich.
Knochengesundheit & Osteoporose
Eine gemeinsame Einnahme von Vitamin D und (all trans-) Vitamin K2 kann sinnvoll sein, um die Knochenmineralisation zu fördern. Vitamin K2 unterstützt den Knochenaufbau und seine Härtung. Bei Knochenerweichung oder Osteoporose(-Risiko) ist es sinnvoll, diese Option mit dem Arzt/der Ärztin des Vertrauens zu besprechen.
Solarium zur Vitamin D-Bildung?
Da Solarien nur UVA und nicht UVB-Licht produzieren, können sie nicht zur Vitamin D-Bildung im Körper beitragen.
Referenzen (Auswahl):
13. DGE-Ernährungsbericht: Vitamin D-Versorgung in Deutschland unzureichend, in Ernährungsumschau, Sept. 2017, S.M485
Österreichischer Ernährungsbericht 2017
Elmadfa et al „Die große GU Nährwert Kalorien Tabelle“ 2008/9
Elmadfa Ibrahim, Leitzmann Klaus "Ernährung des Menschen" (4. Auflage, Ulmer Verlag, 2004)
Elmadfa Ibrahim" Ernährungslehre" (1. Auflage, utb-Verlag 2004)
Englert Heike, Siebert Sigrid (Hsg.) „Vegane Ernährung“ (1. Auflage, Utb-Verlag 2016)
Leitzmann Klaus, Keller Markus „Vegetarische Ernährung“ (Utb-Verlag, 3. Auflage 2013)
Schek Alexandra „Vitamin K-an update. Part 1: Basic nutritional facts.“ Ernährungsumschau 64 (11): M622-M629, 2017 & Schek Alexandra „Vitamin K-an update. Part 2: Medical aspects.“ Ernährungsumschau 64 (12): M678-684, 2017
http://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d (Stand 16.10.2018, 18:00)
http://www.ernaehrung.de/lebensmittel/de/F502000/Avocado.php (Stand 23.01.2018, 13:24)